Wechsel an der Verbandsspitze

Der neu formierte Zentralvorstand des VSSM: Heinrich Hochuli (von links), Basil Gasser, Vizepräsidentin Anita Luginbühl, der neue Präsident Jürg Rothenbühler, Michael Jendly, Christian Kälin und Hanspeter Künzli. Bild: Beat Baschung

Der neue Zentralpräsident des VSSM heisst Jürg Rothenbühler. Der Berner setzt sich in der mit Spannung erwarteten Wahl an der Delegiertenversammlung in Engelberg mit 98 zu 52 gegen Christian Kälin durch. Kälin seinerseits wird weiterhin im Zentralvorstand verbleiben.

Die Spannung im Kursaal Engelberg (OW) war am Freitag, 27. Juni 2025, deutlich spürbar, als der scheidende Präsident Thomas Iten seinen Nachfolger bekannt gab. Mit Jürg Rothenbühler haben die Delegierten ein altbekanntes Gesicht zurück in den Zentralvorstand (ZV) gewählt. Der 52-Jährige war von 2006 bis 2018 Mitglied des Gremiums. 

Der frisch gewählte Präsident nahm die Wahl an und dankte den Delegierten für das entgegengebrachte Vertrauen. «Die neue Aufgabe erfüllt mich mit grosser Freude, aber auch mit dem nötigen Respekt», erklärte er. «Es ist mir ein Anliegen, genau dort anzusetzen, wo Mitglieder Unterstützung brauchen, immer nach dem Motto: Nützt es dem Schreiner.» Um seinen neuen Aufgaben gerecht zu werden, gebe er sein aktuelles Amt als Präsident der Sektion Bern ab. Rothenbühler sieht in seiner neuen Aufgabe eine Mischung aus Tradition und Fortschritt: «Tradition zu leben, heisst nicht, die Asche zu streuen, sondern das Feuer weiterzugeben», erklärte er. 

Ein Versprechen für den Verband 

Mit einem langen und aufrichtigen Applaus schlossen sich die Delegierten dem Dank von Thomas Iten an Christian Kälin an und zollten ihm damit Respekt, dass er sich der Wahl gestellt hatte und sich auch weiterhin als Mitglied des ZV für den VSSM und die Schreinerfamilie einsetzen wird. Kälin zeigte sich nach der Wahl zwar ziemlich enttäuscht, betonte aber auch, dass seine Ansprache kurz vor dem Ausfüllen der Wahlzettel nicht aus leeren Worten bestanden hatte. Darin hatte sich der 48-Jährige  als «Vollblutunternehmer mit einem hölzigen Herzen und einem grossen Netzwerk» vorgestellt. Er hatte betont, dass er bereit sei, Verantwortung zu übernehmen, sich in seinen drei Jahren als Mitglied des ZV in viele strategisch wichtige Themen einge­arbeitet habe und eine klare Strategie verfolge. Geschlossen hatte er mit dem Satz: «Mein hölziges Herz drängt darauf, meine gemachten Erfahrungen umzusetzen und dem Verband zur Verfügung zu stellen.» Ein Versprechen, das er nicht nur als Präsident, sondern auch als Mitglied des ZV einlösen kann. 

Zeichen der Wertschätzung 

Eine besondere Ehre erwiesen die Delegierten Thomas Iten: «Thomas hat sich immer gewünscht, einmal eine DV zu erleben, an der sämtliche 150 Delegierten mit dabei sind», sagte Daniel Furrer. «Dass er dies nun an seiner Abschieds-DV geschafft hat, ist ein klares Zeichen der Wertschätzung gegenüber seiner Person», stellte der Direktor des VSSM mit Freude fest. 16 Jahre hatte sich Thomas Iten im ZV engagiert, neun davon als Präsident.

Seine schönsten Momente wurden an der Delegiertenversammlung in einem Bilderzusammenschnitt gezeigt, bevor Vizepräsidentin Anita Luginbühl das Wort für eine Laudatio ergriff: «16 Jahre können nur in einer komprimierten Fassung wiedergegeben werden», sagte sie. Mit dem 125-Jahr-Verbandsjubiläum in Bern, der 75-Jahr-Feier der HF Bürgenstock oder dem Umzug des Zentralsitzes zeigte sie einige Meilensteine auf, die Iten während seiner Amtszeit mitgeprägt hatte. «Du bist ein grosser Netzwerker, ein Mensch, der gerne Menschen hat», sagte ­Luginbühl. Immer hätten die Branche und die Schreiner im Vordergrund gestanden, und immer habe Iten starke Nerven behalten. «Nun wirst du viele leere Zeilen in ­deiner Agenda haben», meinte Luginbühl. «Wir wünschen dir Zeit mit deiner Frau Monika und deiner Familie; natürlich hoffen wir, dass du uns auch ein bisschen vermissen wirst», schloss sie ihre Laudatio, bevor sie dem scheidenden Präsidenten ein Tagebuch mit dem Titel «Every Journey begins with a first step» und einen Gutschein für einen Aufenthalt im Hotel Giessbach im Berner Oberland überreichte. 

Ernennung zum Ehrenpräsidenten 

Als Vertreterin des ZV schlug die Vizepräsidentin vor, Thomas Iten zum Ehrenpräsidenten zu ernennen. Dieser Antrag wurde mit einem riesigen Applaus und stehenden Ovationen bestätigt. Thomas Iten zeigte sich tief gerührt und bedankte sich herzlich für «diese schöne Wertschätzung». Er sei dankbar für die vielen Kontakte, die entstanden, und die Beziehungen, die gewachsen seien, sagte er und fügte an: «Ich bin überzeugt, dass sich unsere Wege wieder kreuzen werden.» 

Gewählt fürs Jahr 2026 

In den Zentralvorstand gewählt wurde neben dem neuen Präsidenten auch der Thurgauer Roman Süess. Die Ersatzwahl war bedingt durch die Zweierkandidatur für das Präsidium. Wäre Christian Kälin zum Präsidenten gewählt worden, hätte dies im Zentralvorstand mit dem Abgang von Thomas Iten zu einer Vakanz geführt. Nach der Wahl von Jürg Rothenbühler steht fest, dass Süess sein Amt erst im nächsten Jahr antreten wird. Dann werden mit dem der Amtszeitbeschränkung geschuldeten Ausscheiden von Anita Luginbühl und Hanspeter Künzli zwei Plätze frei.

Roman Süess ist Geschäftsleitungsmitglied der B&L Schlauri AG in ­Ermatingen und ehemaliges Vorstandsmitglied des Verbands Schreiner Thurgau. Der 41-Jährige dankte den Delegierten für ihr Vertrauen. «Ich werde die Zeit nutzen, um mich vorzubereiten, und freue mich, mein Amt 2026 anzutreten.» 

Jahresbericht – Machen wir! 

Den Jahresbericht startete Thomas Iten mit einem kurzen Film zu den VSSM-Highlights und blickte dann auf ein «prägendes und ­intensives Jahr» zurück. Dabei sprach er die zentralen Themen an, wie die Revision der Grundbildung und die Reform der Weiterbildung, daneben auch das Schreinerforum in Baden und die World Skills in Lyon (F) mit den Topleistungen der beiden Kandidaten sowie die Dachkampagne «Machen wir». 

Die Dachkampagne griff Christian Kälin später nochmals auf, zeigte gelungene Beispiele und berichtete, dass die Kampagne «hervorragend angelaufen» sei. «Ein zentraler Aspekt des neuen Branchenauftritts ist die neu konzipierte Website www.schreiner.ch. Bis jetzt, also nach gut zwei Monaten, sind bereits über 800 Arbeiten von euch publiziert worden, darunter sehr viele absolute Topobjekte.» Speziell erwähnte Kälin die Lancierung des zweiten Kampagnenstrangs, in welchem Jugendliche mit der direkten Ansprache «Mach es» für den Schreinerberuf begeistert werden sollen. Dieser Kampagnenstrang wird im August lanciert. 

Erfreuliche Zahlen 

Gute Nachrichten gab es aus dem Ressort Finanzen. Die Jahresrechnung der Maek leitete Basil Gasser mit folgenden Worten ein: «Wir beginnen die Jahresrechnung mit der Feststellung, dass die Beitragssituation erfreulich ist und die Wertschriftenerträge noch erfreulicher sind. Wenn wir die Steigerungsform beibehalten wollen, dann sind die tieferen Ausgaben am erfreulichsten.» Zusammenfassend resultierte daraus ein Erfolg von über 300'000 Franken anstatt des budgetierten Verlusts von gut 180'000 Franken. 

Dank der guten Ergebnisse im aktuellen und in den Vorjahren beantragte Gasser in einem weiteren Traktandum, den Maek-­Beitragssatz von 0,32 auf 0,29 % zu senken. Gemäss Reglement muss die Maek Reserven haben, um ihren Verpflichtungen bei einem Wegfall von Erträgen mindestens für anderthalb Jahre nachkommen zu können. Die Delegierten genehmigten die beiden Anträge einstimmig. 

Auch in der von Gasser präsentierten Jahresrechnung des VSSM fielen sowohl das operative Ergebnis als auch der Finanzerfolg erfreulicher aus als budgetiert. Sie wurde deshalb einstimmig durchgewunken, genau so wie der Beitragsfuss für die Mitgliederbeiträge der bei 254 % belassen wird. Zum positiven Resultat bei den Finanzen hat auch das Mehrfamilienhaus an der Schmelzbergstrasse, am ehemaligen Zentralsitz des VSSM, beigetragen, dessen 16 Wohnungen seit Anfang des vergangenen Jahres vermietet sind. Mit der BDO Luzern wurde auch die Revi­sionsstelle einstimmig wiedergewählt. 

Viel diskutierter GAV 

Ein viel diskutiertes Thema griff Christian Kälin mit dem GAV 2026+ auf. Das Ziel sei ein entschlackter und zeitgemässer GAV, erkärte er. Dafür brauche es die nötige Zeit. «Mit dem Entscheid der Präsidentenkonferenz, den aktuellen GAV um zwei Jahre zu verlängern, konnte ein vertragsloser Zustand abgewendet und der nötige Freiraum geschaffen werden, um auf den 1. Januar 2028 einen GAV auszuarbeiten, welcher der heutigen Zeit entspricht», erklärte Kälin. 

Zum GAV hatte die VSSM-Sektion Kanton Bern einen Antrag gestellt mit der Forderung einer fundierten Analyse der Vorteile eines GAV gegenüber Einzelarbeitsverträgen sowie allfälliger Auswirkungen auf die Schreinerbranche ohne einen GAV. Die ­Delegierten nahmen den Antrag mit 117 Ja-Stimmen zu 27 Nein-Stimmen an.

27 Jahre Verbandstätigkeit 

Geehrt wurde Erich Gobet, welcher nach 27 Jahren aus dem Vorstand des Zimmer- und Schreinermeisterverbands Deutsch-Freiburg – des heutigen Holz-DFR – ausgetreten ist. Der Mitinhaber der Josef Gobet AG in Bösingen wirkte ab 2022 als Vizepräsident des Verbands sowie Präsident der Schreinerabteilung. ZV-Mitglied Michael Jendly lobte ihn in seiner Laudatio für seinen «unermüdlichem Einsatz für die Inte­ressen des Berufsstands» sowie für seinen Einsatz in der Ausbildung. 

Charakter, Wärme und Beständigkeit 

Mike Bacher, Talammann von Engelberg, lobte in einer kurzen Ansprache den Stellenwert des Holzhandwerks: «Von der Wiege bis zur Bahre wird man von Schreiner­arbeiten begleitet.» 
Nationalrätin Regina Durrer-Knobel (NW, Mitte) bezeichnete Holz als Werkstoff mit einem eigenen Charakter, der Wärme und Beständigkeit vermittelt. «Vertrauen Sie in schwierigen Zeiten auf Ihre Stärken und darauf, dass die Kunden genau das suchen, Möbel, die Geschichten erzählen, die beständig sind», ermunterte sie die Schreiner.

Montagna degli angeli 

Die DV war von der Sektion Unterwalden ausgezeichnet organisiert worden, und Engelberg zeigte sich als perfekt geeignet als Austragungsort der 139. Delegiertenversammlung. Anita Luginbühl strich das in ihrer Ansprache an die Tessiner Sekion mit folgenden Worten heraus: «Engelberg – montagna degli angeli: e di angeli ne abbiamo tutti bisogno, soprattutto in questi tempi così turbolenti.»

Thomas Iten bezeichnete Engelberg als ein Ort der Ruhe, der Reflexion und ein Ort der Neuausrichtung. «Passender könnte es kaum sein. Denn für mich schliesst sich hier ein bedeutender Kreis.» Die nächste DV findet am 19./20. Juni 2026 in Biel statt.

Monika Hurni, SchreinerZeitung

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